Die meisten Auszubildenden wollen natürlich ihre Ausbildung erfolgreich abschließen. Aber nicht immer hält der gewählte Ausbildungsberuf, was er versprochen oder was man sich darunter vorgestellt hat. Was liegt da näher als den Ausbildungsplatz zu wechseln?
Ein Ausbildungsplatzwechsel ist auch kein Beinbruch. Die Wahl des Ausbildungsberufs ist schließlich keine leichte Entscheidung. Erst wenn man erste praktische Erfahrungen in dem zu erlernenden Beruf gesammelt hat, kann man beurteilen, ob er tatsächlich zu den eigenen Fähigkeiten passt und man sich in dieser Ausbildung wirklich wohlfühlt.
Deshalb beginnt auch jede Ausbildung mit einer Probezeit - ganz nach dem Motto: "Drum prüfe, wer sich ewig bindet". In dieser Zeit können sowohl Auszubildender als auch Ausbilder noch einmal abwägen, ob sich der Azubi für den richtigen Beruf und Betrieb entschieden hat. Nach § 20 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) muss die Probezeit in der Ausbildung mindestens 1 Monat und darf höchstens 4 Monate lang sein. Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit ohne Angabe von Gründen und ohne Kündigungsfrist gekündigt werden - sowohl vom Auszubildenden als auch vom Arbeitgeber.
Jeder hat ein Grundrecht auf freie Berufswahl. Auch Auszubildende sollen natürlich nicht durch eine am Anfang des Berufswegs getroffene falsche Entscheidung ein Leben lang an einen unliebsamen Beruf gebunden sein. Daher gibt es nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG die Möglichkeit, das Ausbildungsverhältnis zu kündigen, um den Ausbildungsberuf zu wechseln. Der Auszubildende kann seinen begonnenen Berufsweg abbrechen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will.
Bei dieser Beendigungsmöglichkeit handelt es sich um eine ordentliche, fristgerechte Kündigung. Grundsätzlich können Auszubildende davon zu jeder Zeit nach Ablauf der Probezeit und unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von vier Wochen Gebrauch machen.
So viel zu den gesetzlichen Grundlagen.
So kann man sich zum Beispiel die Frage stellen, was unter einer „vierwöchigen Kündigungsfrist“ zu verstehen ist. Wie lang müssen oder dürfen vier Wochen sein? Darüber kam es zum Streit zwischen einem Auszubildenden und seinem Arbeitgeber. Was war genau passiert?
Unser Auszubildender begann am 1. August 2015 seine Ausbildung zum Elektroniker. Mit dem gewählten Beruf war er aber doch nicht so zufrieden, so dass er einen anderen Berufsweg einschlagen wollte. Dementsprechend kündigte er das aktuelle Ausbildungsverhältnis mit Schreiben vom 4. Januar 2016. Allerdings sollte die Kündigung nicht punktgenau vier Wochen später wirksam werden, sondern erst zum 29. Februar 2016 - nach dem Wunsch des Auszubildenden also erst rund 8 Wochen später. Für den Azubi passte das recht gut, da am 1. März 2016 seine neue Ausbildung beginnen sollte. Ein nahtloser Übergang.
Der Arbeitgeber fand das Timing dagegen weniger gut. Weil sich der weitere Ausbildungsaufwand für ihn nicht mehr lohnte, wollte er den Auszubildenden möglichst schnell nach dessen Kündigung loswerden und berief sich auf die Frist des § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG. Er meinte, dass mit der Azubi-Kündigung die Kündigungsfrist in Gang gesetzt werde und nach dem Gesetz dann genau vier Wochen später Schluss sei.
Dort mussten sich die Richter mit der Frage beschäftigen, ob die 4-Wochen-Frist des § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG zwingend ist und vom Azubi nicht überschritten werden darf.
Die klare Antwort: Nein, ist sie nicht!
Nach dem Urteil der Richter legt § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG keine zwingende Kündigungsfrist fest, die vom Auszubildenden nicht überschritten werden darf (Urteil v. 22.02.2018 – Az.: 6 AZR 50/17). Die im Gesetz angegebene Frist von vier Wochen ist also nur die Zeitspanne, die der Azubi bei der Kündigung mindestens einhalten muss. Der Auszubildende kann aber freiwillig auch eine längere Kündigungsfrist wählen.
Noch ein Hinweis am Rande: Die ordentliche Kündigung nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG kommt nicht in Betracht, wenn der Auszubildende nur den Arbeitgeber wechseln, aber im selben Ausbildungsberuf bleiben will. In diesem Fall bleibt nur der Weg über eine außerordentliche fristlose Kündigung. Dafür muss der Auszubildende einen schwerwiegenden Kündigungsgrund haben.