Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

730x300 - Frau presst Hände vor den Mund

 

Worüber die JAV nicht sprechen darf… oder doch?

Als JAV-Mitglieder kommt ihr im Laufe eurer Amtszeit mit einer Vielzahl von Informationen in Berührung, die einen vertraulichen Inhalt haben können, z. B. wenn ihr von der beabsichtigten Kündigung eines Auszubildenden erfahrt. Ebenso wie für Betriebsratsmitglieder gilt auch für euch als JAVler in diesem Fall eine spezielle Geheimhaltungspflicht, die in § 79 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt ist.

Nach dieser Vorschrift sind JAV-Mitglieder verpflichtet,

Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zur JAV bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten.

Mit anderen Worten: Über Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse dürft ihr nicht mit KollegInnen oder anderen Personen außerhalb der JAV sprechen oder sie zu eurem Vorteil nutzen.

Durch die Geheimhaltungspflicht wird sichergestellt, dass die JAV alle für ihre Arbeit relevanten Informationen erhalten kann – auch wenn sie brisant sind. Aber nicht immer ist das, was der Arbeitgeber unter Geheimhaltung stellen möchte, auch tatsächlich geheim. Es lohnt daher manchmal auch genauer hinzusehen.

Wann gilt die Geheimhaltungspflicht?

Die drei Voraussetzungen, unter denen ihr zur Verschwiegenheit verpflichtet seid, haben wir für euch einmal genauer unter die Lupe genommen.

Zunächst einmal muss es sich bei der erhaltenen Information um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis handeln. 

Schon geht es mit den Unklarheiten los… Denn was ist eigentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis?

Etwas vereinfacht gesagt fallen darunter alle Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb stehen und deren Geheimhaltung für den Betrieb oder das Unternehmen wichtig sind. Im Wesentlichen zählen dazu technisches und kaufmännisches Wissen, also z. B. Patente, technische Konstruktionspläne, Rezepturen, Fertigungsverfahren oder Kundenlisten, Preiskalkulationen sowie auch wirtschaftliche Kennzahlen wie Personalkosten, Absatz- oder Auftragslage.

Damit es sich tatsächlich um ein „Geheimnis“ handelt, dürfen diese Informationen nur einem begrenzten Personenkreis bekannt, also nicht offenkundig sein. Bei manchen Informationen ist das nicht so einfach zu beurteilen. Überlegt euch in diesen Fällen am besten, ob es für eine/n andere/n ohne größere Anstrengungen möglich wäre, an die Information zu kommen.

Die zweite Voraussetzung eurer Pflicht zur Geheimhaltung ist, dass der Arbeitgeber euch ausdrücklich und eindeutig darauf hinweist, dass die erhaltene Information geheim zu halten ist.
Der Arbeitgeber darf aber nicht einfach beliebige betriebliche Umstände unter den besonderen Geheimnisschutz stellen. Er muss ein objektiv berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran haben, Tatsachen als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu behandeln.

Last but not least müsst ihr die Information im Zusammenhang mit eurer Tätigkeit als JAV-Mitglied erfahren haben, damit sie der Geheimhaltungspflicht nach § 79 BetrVG unterliegt. Umgekehrt heißt das: Wenn euch die Information auf anderem Weg bekannt geworden ist (z. B. durch ein zufällig mitgehörtes Gespräch im Flur), gilt dafür grundsätzlich nicht die Pflicht zur Verschwiegenheit.

Gibt es Grenzen der Geheimhaltungspflicht?

Ja! Zunächst einmal besteht keine Pflicht zur Geheimhaltung gegenüber euren JAV-KollegInnen. Ansonsten könntet ihr in euren Sitzungen gar nicht über vertrauliche Betriebsangelegenheiten diskutieren und miteinander beraten. Auch gegenüber Mitgliedern der anderen in § 79 Abs. 1 BetrVG genannten Interessenvertretungen, z. B. dem Betriebsrat, gilt die Schweigepflicht nicht.
Außerdem genießen auch sitten- oder gesetzeswidrige Vorgänge des Arbeitgebers (z. B. Steuerhinterziehung, Straftaten) keinen Geheimnisschutz.

Was ist sonst noch wichtig?

Die Geheimhaltungspflicht gilt grundsätzlich weiter, wenn ihr aus der JAV ausscheidet. Sie gilt außerdem auch für Ersatzmitglieder der JAV.
Bei einem Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht drohen Konsequenzen. So könnte der Arbeitgeber ein Amtsenthebungsverfahren einleiten, weil ein Verstoß gegen § 79 BetrVG regelmäßig eine besonders schwere Pflichtverletzung ist. Das betroffene JAV-Mitglied würde dann gegebenenfalls seinen Posten verlieren.

Bei einer besonders schwerwiegenden Verletzung der Geheimhaltungspflicht droht dem JAV-Mitglied trotz des besonderen Kündigungsschutzes sogar eine fristlose Kündigung. Hinzu kommt das Risiko einer Schadensersatzpflicht, wenn dem Arbeitgeber durch die Verletzung der Geheimhaltungspflicht ein Schaden entstanden ist. Schlimmstenfalls droht dem JAV-Mitglied sogar eine Strafbarkeit gemäß § 120 Abs. 1 BetrVG. Denn ein Verstoß gegen § 79 BetrVG ist auch ein Straftatbestand.

Übrigens: Neben Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen erfahrt ihr als JAV-Mitglieder womöglich auch vertrauliche Informationen über Kolleginnen und Kollegen. In dem Fall seid ihr auch verpflichtet, Stillschweigen über deren persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten zu wahren.

Fazit: Jedes JAV-Mitglied sollte seine Geheimhaltungspflichten ernst nehmen, darf aber durchaus auch mal kritisch hinterfragen, ob eine vom Arbeitgeber mit dem Siegel „Betriebsgeheimnis“ versehene Information tatsächlich geheim ist.