Die Bevölkerungszahlen in Deutschland werden langfristig abnehmen, gleichzeitig wird die Bevölkerung älter. Der demografische Wandel hat dabei gravierende Auswirkungen auf Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und unsere sozialen Auffangsysteme. Für die Unternehmen wird die optimale Nutzung der vorhandenen Arbeitskräfte nötiger sein denn je, um auf Dauer wettbewerbsfähig zu bleiben. Dafür wiederum ist es unerlässlich, die Arbeit altersgerecht zu gestalten. Diese Notwendigkeit haben leider noch immer nicht alle Arbeitgeber erkannt.
Eine herausragende Rolle spielt dabei der Schutz der älteren Arbeitnehmer. Sieht man sich die Zahl der Langzeiterkrankten oder häufig Kurzerkrankten in Unternehmen an, dann wird eines schnell klar: Betroffen sind hier vor allem die älteren Kollegen. Grund genug, hier als Betriebsrat tätig zu werden und sich für die älteren Kollegen und den Schutz dieser einzusetzen. Das kommt langfristig garantiert gleichermaßen der Belegschaft und dem Unternehmen zu Gute!
Der Betriebsrat hat insbesondere die Aufgabe, das Unternehmen und die Belegschaft bei dem Wandel zu einem generationsgerechten Betrieb zu begleiten. Dazu gehören Maßnahmen der Beratung, Überwachung, Prävention und Gesundheitsförderung genauso wie der Qualifikation und Weiterbildung.
Benachteiligungsverbot, Überwachungspflicht
Arbeitgeber und Betriebsrat haben nach § 75 Abs.1 BetrVG darüber zu wachen, dass alle Betriebsangehörigen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Insbesondere muss jede Benachteiligung aus Gründen des Alters (und anderer Merkmale) unterbleiben. Neben dem § 75 BetrVG ist dies auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt.
Wichtige Ausprägungen des § 75 Abs.1 BetrVG sind:
• Der § 99 Abs.2 Nr.6 BetrVG: Hiernach können Sie als Betriebsrat die Zustimmung zu einer personellen Maßnahme verweigern, wenn die Besorgnis besteht, dass der betroffene Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch die grobe Verletzung des § 75 BetrVG stört. Der Betriebsrat muss also unkollegiales und diskriminierendes Verhalten gegenüber besonders schutzwürdigen Personengruppen nicht dulden!
• Der § 104 BetrVG: Hiernach kann der Betriebsrat sogar die Entlassung oder Versetzung eines Arbeitnehmers verlangen, wenn dieser wiederholt und ernstlich den § 75 BetrVG verletzt hat. Eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit für den Betriebsrat aktiv tätig zu werden!
Gebot zur Persönlichkeitsentfaltung
Der § 75 Abs.2 BetrVG verpflichtet Arbeitgeber und Betriebsrat zum Schutz und zur Förderung der freien Entfaltung der Persönlichkeit. Außerdem müssen die Selbstständigkeit und Eigeninitiative der (älteren) Arbeitnehmer unterstützt werden.
Wichtig: Der § 75 BetrVG ist kein unverbindlicher Programmsatz! Er enthält elementare Grundregeln für die Behandlung der Belegschaft.
Förderungspflicht
Konkretisiert wird § 75 BetrVG durch § 80 Abs.1 Nr. 6 BetrVG, in dem die Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer ausdrücklich als Pflicht des Betriebsrats flankiert wird.
Hier ist Ihrer Kreativität im Prinzip keine Grenze gesetzt. Als Gedankenanstoß können diese Punkte helfen:
• Vorurteile abwerfen – auch ältere Arbeitgeber können Neues lernen und bringen wichtige Fähigkeiten mit! Das sollte so auch im Kollegium kommuniziert werden. Vor allem jüngere Arbeitnehmer können vom Erfahrungsschatz der älteren Kollegen profitieren.
• Wie sieht das Betriebsklima aus? Sind hier Verbesserungen möglich? Wo kann vermittelt werden?
• Setzen Sie sich für flexible Arbeitszeitmodelle ein.
• Ist es sinnvoll über individuell gestaltbare Pausen nachzudenken, um die Leistungsfähigkeit und Konzentration der älteren Arbeitnehmer zu begünstigen?
• Kann eine Form der Job Rotation eingeführt werden? Ein wechselnder Arbeitsplatz verhindert einseitige Belastungen und bringt Abwechslung.
• Standortbestimmung in Form eines Workshops für die älteren Kollegen anregen. Welche Probleme gibt es? Wo liegt Verbesserungspotenzial? Wo steht der einzelne Arbeitnehmer in fünf Jahren?
• Schlagen Sie gegenüber der Geschäftsführung die Weiterbildung älterer Arbeitnehmer vor. Die Qualifizierung rentiert sich für alle und wirkt dem Fachkräftemangel entgegen.
• Unterschätzen Sie nicht die Vorteile eines guten betrieblichen Gesundheitsmanagements. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist nötig, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten.
• Personalplanung optimieren – wer, wo, mit wem und wie lange eingesetzt wird, hat einen wesentlichen Einfluss auf die Gesundheit und Zufriedenheit des einzelnen Arbeitnehmers.
• Nutzen Sie den Arbeitsschutzausschuss als ideale Plattform für die Diskussion neuer Maßnahmen zum Schutz älterer Arbeitnehmer.
Halten wir also fest: Die Möglichkeiten als Betriebsrat zum altersgerechten Arbeiten und der Förderung der älteren Arbeitnehmer beizutragen sind vielseitig! Nutzen Sie diese, um Ihren Kollegen zu helfen, im Betrieb gesund alt zu werden.