Bei der Betriebsratswahl stellt die persönliche Stimmabgabe den Regelfall dar. Daher darf der Wahlvorstand nicht generell die Briefwahl anordnen.
Doch die Corona-Pandemie zwingt uns dazu, persönliche Kontakte möglichst zu vermeiden. Gerade in Zeiten der Krise ist das Augenmerk daher auf die Möglichkeit der Briefwahl zu richten. Diese ist unter bestimmten Voraussetzungen, welche in der Wahlordnung (WO) geregelt sind, zulässig.
So ist in § 24 Abs. 1 WO festgelegt, dass ein wahlberechtigter Arbeitnehmer von der schriftlichen Stimmabgabe Gebrauch machen darf, wenn er an der persönlichen Stimmabgabe wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist. Die Abwesenheit kann unterschiedliche Gründe haben, so zum Beispiel eine Geschäftsreise, Urlaub oder Krankheit.
Wichtig: §§ 24-26 WO gilt für das vereinfachte genauso wie für das reguläre Wahlverfahren.
Nein, im Fall des § 24 Abs. 1 WO muss der Wahlvorstand erst auf Verlangen des Wählers tätig werden. Der Arbeitnehmer muss sich also schriftlich oder mündlich beim Wahlvorstand melden. Bei der mündlichen Bitte um Übermittlung der Briefwahlunterlagen muss der Wahlvorstand einen kurzen Vermerk hierüber anfertigen, in welchem auch der Grund der Abwesenheit zu dokumentieren ist.
Erst nachdem der Wähler die Unterlagen beantragt hat, ist der Vorstand zu deren Aushändigung verpflichtet.
Gut zu wissen: Ob der Verhinderungsgrund tatsächlich vorliegt, muss der Wahlvorstand nicht kontrollieren. Er darf sich insofern auf die Angaben des Wahlberechtigten verlassen.
Aber Vorsicht: In § 24 Abs. 2 der WO ist doch ein Fall geregelt, in den der Wahlvorstand von sich aus tätig werden muss. Nämlich dann, wenn ihm bekannt ist, dass ein Wähler im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart seines Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein wird. Die typischen Fälle sind eine Außendiensttätigkeit, Telearbeit oder Homeoffice. Im Unterschied zu § 24 Abs. 1 sind diese Konstellationen also vorhersehbar. Der Wahlvorstand muss folglich selbstständig im Auge behalten, auf wen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 WO zutreffen könnten.
Im Übrigen: Ein aktuell wichtiger Fall der zweiten Variante des § 24 WO ist auch Kurzarbeit. Das heißt: Der Wahlvorstand muss denjenigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, deren Arbeitszeit aufgrund von Kurzarbeit auf Null reduziert ist, unaufgefordert Briefwahlunterlagen zukommen lassen.
Unter engen Voraussetzungen darf und muss in diesem Fall die „Briefwahl für alle“ durchgeführt werden. Das heißt, die Voraussetzungen des § 24 WO müssen nicht für jeden einzelnen Wähler überprüft werden, sondern die Briefwahl wird der Wählerschaft als einzige Möglichkeit zur Verfügung gestellt.
Dies ist nur möglich, wenn der Wahlvorstand sich außer Stande sieht, die Wahl so zu organisieren, dass Abstands- und Hygienegebote gewahrt werden können. Die persönliche Stimmabgabe muss ein erhöhtes Ansteckungsrisiko für die Wahlvorstandsmitglieder selbst und ggf. die Wahlhelfer darstellen.
Wichtig: Selbst, wenn die Entscheidung für die „Briefwahl für alle“ sich im Nachhinein als falsch erweist, ist hierin nur ein Anfechtungs- und kein Nichtigkeitsgrund zu sehen (vgl. LAG Hamburg v. 08.07.2015 - 6 TaBV 1/15).
In diesem Fall darf der Arbeitnehmer selbst entscheiden, ob er via Briefwahl wählt oder seine Stimme persönlich abgibt.
Die Wahlunterlagen beinhalten mindestens
- einen Abdruck des Wahlausschreibens,
- die Bekanntmachung der Vorschlagslisten,
- den Stimmzettel,
- den Wahlumschlag inklusive eines größeren Freiumschlags,
- einen Vordruck der Erklärung, mit dem der Wähler versichert, den Stimmzettel persönlich ausgefüllt zu haben.
Außerdem sollte ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe ausgehändigt werden.
Nach § 25 WO muss der Wähler den Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnen und anschließend in dem Wahlumschlag verschließen. Ferner muss er die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Ortes und des Datums unterschreiben und den Wahlumschlag und die Erklärung in dem Freiumschlag verschließen. Der Freiumschlag muss rechtzeitig übersandt oder an den Wahlvorstand übergeben werden.
Wichtig ist, wie bei jeder geheimen Wahl, dass der Wahlumschlag keinerlei Hinweise auf den Wähler enthält. Ist der Umschlag nicht verschlossen, wird die Stimme trotzdem gezählt. Anders ist dies, wenn die vorgedruckte Erklärung nicht unterschrieben ist: In diesem Fall liegt keine ordnungsgemäße Stimmabgabe vor. Selbiges gilt, wenn der Wähler nicht den ausgehändigten Freiumschlag verwendet, denn dies ist zwingende Voraussetzung.
Das Öffnen der Umschläge ist erst unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe zulässig. Die aus den Freiumschlägen entnommenen Wahlumschläge werden dann in die Wahlurne eingeworfen, die Stimmabgabe wird in der Wählerliste vermerkt.
Hier hilft § 26 WO weiter: Verspätet eingehende Briefumschläge hat der Wahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen zu nehmen. Die Briefumschläge sind einen Monat nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist.
Für die Anfertigung der Briefwahlunterlagen, die Portokosten usw. muss der Arbeitgeber aufkommen. Dies ergibt sich aus der Kostentragungspflicht des § 20 Abs. 2 S. 1 BetrVG.