Zugegeben, es ist nicht immer leicht, die arbeitsrechtlichen Regelungen in Deutschland zu durchschauen. Das gilt nicht nur für Azubis, sondern auch für viele eurer Kollegen, die schon länger als ihr im Job sind. Neben den gesetzlichen Vorschriften, gibt es eine Vielzahl tariflicher Regelungen und Betriebsvereinbarungen, die zu beachten sind. Und als ob das noch nicht schlimm genug wäre, kommen hierzu noch zahlreiche populäre arbeitsrechtliche Rechtsmythen hinzu, die leider immer noch von den Kollegen an Azubis weitergegeben werden.
Mit dem folgenden Mythos wollen wir uns einmal kurz beschäftigen, um ein wenig Licht in das Dunkel zu bringen.
Stellt euch vor, ihr hattet ein tolles Vorstellungsgespräch und der Chef bietet euch direkt im Anschluss den erwünschten Job an. Ihr seid begeistert und sagt direkt zu. Am 1. Dezember soll’s dann losgehen, aber einen schriftlichen Arbeitsvertrag legt der Chef euch nie vor. Ihr denkt euch nichts dabei und fangt dennoch zum 1. Dezember in der Firma an. Am Ende des Monats freut ihr euch auf euer erstes Gehalt, doch trotz allen Wartens kommt das leider nicht. Als ihr freundlich beim Chef nachfragt, erwidert er nur, dass ihr ohne schriftlichen Arbeitsvertrag auch keinen Anspruch auf ein Gehalt habt. Aber das ist natürlich so nicht richtig:
Für das Schließen eines Vertrags gelten grundsätzlich die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach müssen Verträge (also auch Arbeitsverträge) nicht unbedingt schriftlich, sondern können auch formfrei, also mündlich, geschlossen werden. Da ihr gearbeitet habt und der Arbeitgeber eure Arbeitskraft auch angenommen hat, ist auch ohne schriftlichen Vertrag ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. In der Folge habt ihr auch Anspruch auf Gehalt.
Kurz gesagt - ihr braucht nicht zwangsläufig einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Allerdings ist der Arbeitgeber im Rahmen des Berufsausbildungsverhältnisses (§ 11 Berufsbildungsgesetz) und bei befristeten Arbeitsverträgen (§ 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz) eigentlich verpflichtet, euch einen schriftlichen Vertrag zu geben. Vergisst er dies, oder weigert er sich, so kann das schwere Nachteile für den Arbeitgeber haben. Für euch hat die „Vergesslichkeit“ des Arbeitgebers dann eher positive Auswirkungen.
Ein Tipp: In § 11 Berufsbildungsgesetz könnt ihr sehr schön nachlesen, was in einem Berufsausbildungsvertrag stehen muss. Als JAVler ist dies zugleich auch eine gute Möglichkeit mal zu prüfen, ob euer Betrieb sich eigentlich an die gesetzlichen Vorschriften hält.
Viel Spaß beim Stöbern im Gesetz!