Von: Denise Rietig M.A., Fachbereich Kommunikation im Poko-Institut
Mit dieser Frage beschäftigte sich eine von der Bertelsmann Stiftung in Auftrag gegebene Studie, die im Januar veröffentlicht wurde. Der Studie zufolge ging die Gesamtzahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im langfristigen Vergleich um knapp zehn % zurück. Insgesamt wurden 2021 706.000 Ausbildungsverträge abgeschlossen und damit rund 77.000 weniger als im Jahr 2011. Der letzte Höchststand markiert mit 844.000 neu begründeten Ausbildungsverhältnissen das Jahr 2007. Der Rückgang betrifft allein die duale Ausbildung, die schulische Ausbildung konnte hingegen ein leichtes Plus verzeichnen.
Unter den neuen Auszubildenden ist die Zahl der Abiturient*innen deutlich gestiegen. 2021 strebte fast die Hälfte (47,4 %) eines Abiturjahrgangs eine duale Ausbildung an. Insgesamt liegt die Übergangsquote der Studienberechtigten bei 35 % (vor 15 Jahren waren es 25 %). Es ist wenig überraschend, dass dieser Anstieg bei einer insgesamt sinkenden Zahl von neuen Ausbildungsverträgen zu einem Verdrängungseffekt zulasten anderer Gruppen von Schulabgänger*innen gehen muss. Besonders betroffen sind Jugendliche mit Hauptschulabschluss, deren Übergangsquote sich im dualen System in den letzten zehn Jahren von 90 auf unter 70 % verringert hat. Bei Jugendlichen mit mittlerem bzw. Realschulabschluss liegt die Übergangsquote dagegen konstant bei rund 50 %. Die niedrigsten Übergangsquoten haben Schulabgänger*innen ohne Abschluss, 2021 lag die Quote bei 30 %.
Alarmierend angestiegen ist die Anzahl der Jugendlichen, die sich weder in Ausbildung noch in der Schule oder in Arbeit befinden, die sogenannten NEETs (NEETs = Not in Employment, Education or Training). 2021 zählten 630.000 der 15- bis 24-Jährigen zu dieser Gruppe, 2019 waren es noch 492.000.
Für Jugendliche mit niedriger Schulbildung scheint es trotz tausender unbesetzter Ausbildungsplätze immer schwieriger zu werden, selbst einen zu ergattern. Ursachen dafür sind steigende Qualifikationsanforderungen auf dem Ausbildungsmarkt und fehlende Orientierungsmöglichkeiten wie Praktika während der Pandemie. Für NEETs ist die Gefahr ohne berufliche Qualifizierung zu bleiben und damit in prekären Beschäftigungsverhältnissen oder Dauerarbeitslosigkeit zu landen, besonders groß. 2020 lag die Quote der sogenannten Ungelernten im Alter von 20 bis 35 Jahren ohne Schulabschluss bei 64,4 % und selbst bei denjenigen mit Hauptschulabschluss lag sie noch bei mehr als einem Drittel (35,8 %).
Gerade angesichts des drohenden Fachkräftemangels ist ein reibungslos funktionierender Ausbildungsmarkt mit bestmöglichen Ausbildungschancen für jeden jungen Menschen wichtiger denn je. Daher wird der Ruf nach einer Ausbildungsgarantie immer lauter. In Österreich gibt es bereits seit 2008 eine erprobte und funktionierende Ausbildungsgarantie. Sie sorgt dafür, dass Jugendliche bis 25 Jahre, die trotz Bewerbungen bei der Ausbildungsstellensuche leer ausgegangen sind oder ihre Ausbildung abgebrochen haben, eine Ausbildung außerhalb eines Betriebs absolvieren können. Dazu wird ein Vertrag zwischen den Jugendlichen und einer außerbetrieblichen Einrichtung geschlossen, der auf ein Jahr befristet ist. Nach Ablauf des Jahres können die Jugendlichen dann unter Anrechnung der absolvierten Lehrzeit in eine betriebliche Ausbildung wechseln. 2021 lernten 13.000 Jugendliche, das entspricht 8 % aller Azubis, in diesem Format.
Im Januar kündigte das Bundesarbeitsministerium ein neues Weiterbildungsgesetz an, das laut Bundesarbeitsminister Hubertus Heil neben bezahlter Bildungszeit auch eine Ausbildungsgarantie vorsieht. Wie genau die deutsche Version der Ausbildungsgarantie aussieht und wann sie in Kraft treten wird, ist bisher noch offen. Wir halten euch auf dem Laufenden!
Link zur Studie: www.chance-ausbildung.de/MonitorBund