Was darf ein Arbeitgeber alles fragen?

 

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Was darf ein Arbeitgeber alles fragen?

Vor Abschluss des Arbeitsvertrages hat der Arbeitgeber ein Interesse daran, sich möglichst umfassend über die Person des Stellenbewerbers zu erkundigen.
Andererseits ist der Arbeitnehmer daran interessiert, seine persönlichen Belange nicht gegenüber einer fremden Person zu offenbaren. Es stehen sich mithin das Aufklärungsinteresse des Arbeitgebers und das Interesse des Arbeitnehmers aus seinem Persönlichkeitsrecht gegenüber.

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Fragen seitens des Arbeitgebers bedarf es damit einer Abwägung dieser widerstreitenden Interessen. Bei unzulässigen Fragen dürfen Mitarbeiter lügen. Bei zulässigen Fragen allerdings besteht die Gefahr einer Kündigung oder Anfechtung des Arbeitsvertrages sowie möglicher Schadensersatzansprüche durch den Arbeitnehmer.
Generell gilt, dass dem Arbeitgeber kein uneingeschränktes Fragerecht zusteht. Es dürfen vielmehr nur solche Fragen gestellt werden, die mit dem Arbeitsplatz oder der zu leistenden Arbeit in Zusammenhang stehen, an denen er also ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse im Hinblick auf das angestrebte Arbeitsverhältnis hat. Der Arbeitgeber darf also nur nach Gegebenheiten fragen, die objektiv geeignet sind, das in einem Arbeitsvertrag liegende Risiko zu erhöhen.

Alter

Die Frage nach dem Alter ist zulässig, wenn sie aus Gründen des § 10 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes erfolgt – etwa hinsichtlich Höchst- oder Mindestaltersgrenzen oder der Berufserfahrung.

Ausbildung/beruflicher Werdegang

Über den beruflichen Werdegang und Qualifikationen darf der Arbeitgeber Auskunft verlangen. Ebenso über Vorbeschäftigungszeiten beim gleichen Unternehmen, um die Möglichkeit einer Befristung beurteilen zu können.

Alkohol- und Drogenkonsum oder -abhängigkeit

Eine Offenbarungspflicht bezüglich einer bestehenden Alkoholabhängigkeit besteht grundsätzlich nicht. Auch die Erkundigung nach den bloßen Alkoholgewohnheiten des Bewerbers ist unzulässig, da insoweit noch keine Abhängigkeit besteht und somit keine negativen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit vorliegen, der Alkoholgenuss oder gelegentliche Drogenkonsum also der Privatsphäre des Bewerbers zuzurechnen ist. Hingegen ist die Frage nach einer Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit zulässig, sofern eine Auswirkung auf die Arbeitsleistung denkbar ist, wie bei gefährlichen oder sicherheitsempfindlichen Aufgaben, z. B. bei Kraftfahrern, Gerüstbauern, Maschinenführern, Piloten oder Betreuern in einem Therapiezentrum. Besonderheiten gelten, wenn die Alkohol- oder Drogenabhängigkeit krankhaft ist und eine Behinderung darstellt (vgl. Behinderung).

Behinderung/Schwerbehinderung

Die Frage nach einer Schwerbehinderung dürfte im Bewerbungsgespräch im Einzelfall zulässig sein, wenn sie tätigkeitsbezogen ist, sich die (Schwer-)Behinderung also auf die auszuübende Tätigkeit auswirkt. Zwar muss die Frage nach einer Behinderung nicht zwingend ein Indiz für eine Benachteiligung darstellen, weil sie auch aus anderen Gründen (beispielsweise der Erfüllung der Pflichtarbeitsplätze zur Vermeidung der Ausgleichsabgabe) gestellt werden kann, jedoch ist bei der Formulierung der Frage Vorsicht geboten. Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist die Frage jedenfalls nach Ablauf von sechs Monaten zulässig, da die Schwerbehinderung dann bei einer Kündigung im Rahmen einer Sozialauswahl nach dem Kündigungsschutzgesetz sowie beim Sonderkündigungsschutz zu berücksichtigen ist.

Berufliche Verfügbarkeit/Flexibilität

Zur Ermittlung der für die zu besetzende Stelle erforderlichen Qualifikation darf der Arbeitgeber auch nach Inkrafttreten des AGG Fragen zur beruflichen Verfügbarkeit stellen. Verlangt der zu besetzende Arbeitsplatz eine gewisse Mobilität, kann er nach der Versetzungsbereitschaft des Bewerbers fragen. Dies gilt auch für Fragen zur Ermittlung der Bereitschaft zum Schichtdienst.

Krankheiten

Der Arbeitgeber darf sich nur sehr begrenzt nach Krankheiten erkundigen. Ein berechtigtes Interesse besteht im Hinblick auf Krankheiten, die eine Minderung der Arbeitsfähigkeit zur Folge haben bzw. die auf Grund des zu besetzenden Arbeitsplatzes Gefahren für andere Mitarbeiter oder Kunden/Patienten darstellen können. Die Frage nach einer HIV-Infektion muss der Bewerber daher nur wahrheitsgemäß beantworten, wenn diese wegen erhöhter Infektionsgefahr Einfluss auf dessen persönliche Eignung hätte. Besonderheiten gelten, wenn die Krankheit dauerhaft ist und eine Behinderung darstellt (vgl. Behinderung).

Geschlecht

Die Frage nach dem Geschlecht kann wegen der besonderen beruflichen Anforderungen an die Tätigkeit zulässig sein (z. B. als Modell für Damenoberbekleidung).

Gewerkschaftszugehörigkeit

Die Frage nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit muss im Regelfall nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden, es sei denn, die Tätigkeit setzt gerade ein bestimmtes Lager voraus (z. B. Gewerkschaftsmitglied im Arbeitgeberverband).

Homosexualität/sexuelle Neigungen

Da die Frage nach Homosexualität oder sonstigen sexuellen Neigungen keinen Aufschluss über die berufliche Qualifikation des Bewerbers gibt, ist sie unzulässig.

Nebentätigkeit

Die Frage nach Nebentätigkeiten ist zulässig, wenn sie Einfluss auf die pflichtgemäße Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten hat - z. B. bei Nachtarbeit oder sonstigen Tätigkeiten, die zur Überarbeitung des Bewerbers führen können.

Nichtrauchereigenschaft

Der Arbeitgeber darf sich grundsätzlich nicht nach der Nichtrauchereigenschaft des Bewerbers erkundigen. Ausnahmen sind aber möglich bei arbeitstechnischen Produktionsabläufen zur Herstellung von Erzeugnissen, die empfindlich auf Tabakrauch reagieren, z. B. die Fabrikation von Mikrochips.

Parteizugehörigkeit

Die Erkundigung nach einer Parteizugehörigkeit ist grundsätzlich unzulässig. Ausnahmen sind denkbar, wenn es sich um einen Tendenzbetrieb handelt. Im öffentlichen Dienst hat der Arbeitgeber ein gesteigertes Interesse an der Ermittlung der Verfassungstreue des Bewerbers. Die Frage nach der Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation ist daher zulässig, wenn den Arbeitnehmer eine einem Beamten vergleichbare besondere Treuepflicht trifft.

Persönliche Lebensverhältnisse

Die Frage nach einer geplanten Heirat, dem Familienstand oder der Familienplanung ist unzulässig. Die Frage nach sonstigen persönlichen Lebensverhältnissen ist zulässig, allerdings dürfen durch Umgehungsfragen keine Rückschlüsse auf die sexuelle Orientierung gezogen werden.

Religionszugehörigkeit

Fragen nach der Religionszugehörigkeit sind grundsätzlich unzulässig. Ausnahmen können bei konfessionsgebundenen Trägern im Tendenzbetrieb (z. B. Krankenhaus, Kindergarten, Schule) gelten.

Scientology

Die Frage nach der Mitgliedschaft in der Scientology Organisation wird in der Regel als zulässig angesehen, da Scientology in Deutschland nicht als Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft anerkannt ist. Da dies in anderen (europäischen) Ländern anders beurteilt wird, könnten der EuGH und EMRK abweichend entscheiden.

Schwangerschaft

Die Frage nach der Schwangerschaft ist unzulässig, selbst wenn sich eine Schwangere auf eine befristete Stelle als Schwangerschaftsvertretung bewirbt. Allenfalls wenn die Art der Tätigkeit besondere berufliche Anforderungen mit sich bringt, die eine Schwangere nicht erfüllen kann, kann die Frage ausnahmsweise zulässig sein.

Tätigkeiten im Ministerium für Staatssicherheit

Ein privatrechtlicher Arbeitgeber darf sich nur dann nach einer Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit erkundigen, wenn der zu besetzende Arbeitsplatz ein besonderes Sicherheitsbedürfnis verlangt. Im öffentlichen Dienst ist die Frage nach einer "Stasimitarbeit" in der Regel zulässig.

Vermögen und Pfändung von Lohnansprüchen

Die Frage ist grundsätzlich unzulässig, es sei denn, ungeordnete Vermögensverhältnisse/Pfändung betreffen Arbeitgeberinteressen.

Vorheriges Arbeitseinkommen

Die Frage nach dem vorherigen Gehalt des Bewerbers ist grundsätzlich unzulässig, es sei denn, der Bewerber führt sein Gehalt selbst als Grund für eine bestimmte Gehaltsforderung an.

Vorstrafen/Strafverfahren

Die Frage nach Vorstrafen ist ausnahmsweise zulässig, wenn die Beantwortung im Zusammenhang mit dem zu besetzenden Arbeitsplatz steht - z. B. bei einem Berufskraftfahrer nach Verkehrs-, bei einem Lagerverwalter nach Diebstahls-, bei einem Erzieher nach Sittlichkeits- oder Körperverletzungs- und bei einem Buchhalter nach Vermögensdelikten. Dies gilt nicht, wenn die Vorstrafen im Bundeszentralregister getilgt sind.

Wettbewerbsverbote

Der Arbeitgeber darf nach aus früheren Anstellungen resultierenden Wettbewerbsverboten fragen.

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