Wenn eine Person jemand anderem widerrechtlich einen Schaden zufügt, so hat er ihn dem Geschädigten zu ersetzen. Das Prinzip der Privathaftung ist in § 823 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) normiert und in Deutschland ehernes Rechtsgut. Es gilt in der Regel ohne Wenn und Aber. Will man sich vor Haftungsrisiken schützen, sollte man ohne private Haftpflichtversicherung am besten gar nicht das Haus verlassen. Solch eine private Haftpflichtversicherung schützt, wie der Name schon sagt, den Versicherten jedoch nur im privaten Bereich.
Was aber ist mit Schäden, die Arbeitnehmer bei der Arbeit verursachen? Bei der Verrichtung der täglichen Arbeit ist doch das Risiko, ganz immensen Schaden anzurichten, oft wesentlich höher als in der Freizeit! Haften Arbeitnehmer, die im Auftrag ihrer Arbeitgeber täglich, möglicherweise sogar unter Stress, gefahrgeneigte Tätigkeiten ausführen, genauso wie Privatleute? Das wäre ungerecht und würde im Ergebnis dazu führen, dass zahlreiche Arbeitsplätze aufgrund des mit ihnen einhergehenden Risikos gar nicht mehr besetzt würden. Viele für das Wirtschaftsleben wichtige Tätigkeiten würden dann nicht mehr ausgeführt werden. So funktioniert es nicht.
Die Haftung von Arbeitnehmern muss also irgendwie eingeschränkt sein. Aber wie genau ist das geregelt?
Die Antwort ist hinsichtlich Sach- und Vermögensschäden so verblüffend wie einleuchtend: Gesetzlich ist das überhaupt nicht geregelt. Weil es in Gesetzesform nicht zu regeln ist. Denn die Schadenfälle unterscheiden sich einfach zu stark, um eine gerechte Haftungsregelung auf der Grundlage starrer Gesetzesnormen zu erreichen. Es sind dazu vielmehr immer die Umstände des Einzelfalls zu beachten. Das geschieht in der Rechtspraxis durch die Gerichte. Und dabei haben sich über die Jahre aus der richterlichen Rechtsprechung als sogenanntes Richterrecht gängige Prinzipien für eine Haftungsminderung der Arbeitnehmer entwickelt.
Danach wird bei Schäden des Arbeitgebers oder Dritter, die arbeitnehmerseitig bei Ausführung der beruflichen Tätigkeit (und nur dann!) verursacht wurden, ein innerbetrieblicher Schadensausgleich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vorgenommen. Praktisch bedeutet dies, dass unter Umständen der Arbeitgeber teilweise oder gar vollumfänglich für den vom Arbeitnehmer verursachten Schaden einstehen muss. Die Höhe der jeweiligen Haftungsquote wird primär nach dem Verschuldensgrad des Schädigers bestimmt. Die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwischen Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, einfacher Fahrlässigkeit und leichter Fahrlässigkeit.
Vorsatz liegt vor, wenn ein Schaden bewusst und gewollt herbeigeführt wird. Grobe Fahrlässigkeit hingegen wird angenommen, wenn bei der Schadensverursachung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde oder wenn - den individuellen Fähigkeiten des Schädigers entsprechend - naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden. Bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit treten laut der Rechtsprechung grundsätzlich keine Haftungsminderungen ein. Der verursachende Arbeitnehmer trägt den Schaden vollumfänglich. Dies ist allerdings nicht in Stein gemeißelt. Bei grober Fahrlässigkeit und einem deutlichen Missverhältnis zwischen dem Verdienst des Arbeitnehmers und der Höhe des Schadens können vielmehr gewisse Haftungsbeschränkungen vorgenommen werden.
Einfache Fahrlässigkeit ist gemäß § 276 Abs. 1 BGB dann gegeben, wenn der Schädiger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Erfolgt die Schadenverursachung aufgrund einfacher Fahrlässigkeit, wird die Haftung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber aufgeteilt. Der jeweilige Haftungsanteil wird unter Gesamtbetrachtung aller Umstände des Schadensfalls im Wesentlichen gemäß folgender Kriterien ermittelt:
Handelt der Arbeitnehmer bei der Schadenverursachung leicht fahrlässig, also aufgrund entschuldbarer, naheliegender Unachtsamkeit, die jederzeit auch jedem anderen unterlaufen könnte, wird der Arbeitnehmer von der Haftung freigestellt. Der Arbeitgeber muss dann vollumfänglich für den Schaden einstehen.
Wie bereits ausgeführt, wird die Haftungsquote im Regelfall durch gerichtliche Überprüfung des Einzelfalls ermittelt. Dem Arbeitgeber obliegt dabei aufgrund der Ausnahmeregelung des § 619a BGB die volle Darlegungs- und Beweislast. Eigentlich den Arbeitnehmer belastende Aspekte des Schadensfalls, die der Arbeitgeber nicht beweisen kann, gehen damit zu Lasten des Letzteren.
Verletzt ein Arbeitnehmer bei der Durchführung seiner beruflichen Tätigkeit im Betrieb fahrlässig einen anderen Mitarbeiter, so ist er nach den Voraussetzungen des § 105 Sozialgesetzbuchs (SGB) VII komplett von der Haftung freigestellt. Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Gesetzgeber im Schädigungsfall die Wahrung des innerbetrieblichen Friedens sicherstellen möchte. Für die Regulierung des anfallenden Schadenersatzes des verletzten Kollegen tritt dann statt des Schädigers regelmäßig die (wesentlich liquidere) gesetzliche Unfallversicherung, also die Berufsgenossenschaft ein. Schmerzensgeld kann allerdings auch gegenüber dieser nicht geltend gemacht werden, sodass ein entsprechender Anspruch des Geschädigten nicht durchsetzbar ist.