Das Protokoll zur Betriebsratssitzung ist für die Praxis ein ganz wichtiges Dokument. Dies gilt gerade auch in den Fällen, in denen der Betriebsrat in mitbestimmungspflichtigen Tatbeständen Beschlüsse fasst. Denn ob die Beschlussfassung wirksam ist, ist häufig Gegenstand von arbeitsgerichtlichen Verfahren (vgl. grundlegend Titelthema BR Info Nr. 148). Kann dann der Betriebsrat das Protokoll vorlegen, aus dem sich etwa ergibt,
hat dies Auswirkungen auf das gerichtliche Verfahren.
Das BAG (Beschluss vom 30.9.2014 -1 ABR 32/13) hat entschieden, dass der Sitzungsniederschrift ein hoher Beweiswert zukommt. Wird aus der Sitzungsniederschrift die ordnungsgemäße Beschlussfassung des BR ersichtlich, bedarf es im Regelfall keiner weitergehenden tatsächlichen Darlegungen oder einer darauf gerichteten Durchführung einer Beweisaufnahme. Vielmehr obliegt es dann dem Arbeitgeber bzw. Gegner, den Beweiswert der Niederschrift zunächst zu erschüttern oder unter Beweisantritt einen für die Führung des Gegenbeweises geeigneten Vortrag zu halten.
Die ordnungsgemäße Protokollführung ist somit weder „Förmelei“ noch „unwichtig“, sondern von zentraler Bedeutung, um sich sowohl gegenüber dem Arbeitgeber „abzusichern“ als auch u.U. betroffenen Arbeitnehmern Hilfe in zukünftigen Verfahren zu geben. Die gesetzliche Grundlage stellt § 34 BetrVG dar.
§ 34 Abs. 1 BetrVG verlangt, dass über jede Verhandlung des Betriebsratsgremiums eine „Sitzungsniederschrift“ aufzunehmen ist, die mindestens
enthält.
Ein mündliches Protokoll sieht das Gesetz nicht vor; fehlt es an einem schriftlichen Protokoll, sind aber gleichwohl die gefassten Beschlüsse deshalb nicht unwirksam, es sei denn, die Beschlussfassung setzt zu ihrer Wirksamkeit die Schriftform voraus.
Die Niederschrift ist
Achtung: Der Betriebsrat muss keinen Beschluss über die dem Arbeitgeber nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG mitzuteilenden konkreten Zustimmungsverweigerungsgründe fassen. Die Abfassung des entsprechenden Schreibens obliegt allein dem BR Vorsitzenden (BAG, Beschluss vom 30.9.2014 -1 ABR 32/13). Gleiches gilt für die Äußerung von Bedenken oder einen Widerspruch gegen eine beabsichtigte Kündigung.
D. h.: Der Betriebsrat beschließt in der Sitzung nur darüber, ob die Zustimmung verweigert wird, ob der Kündigung widersprochen werden soll oder ob es insoweit Bedenken gibt. Im Übrigen verfasst der Betriebsratsvorsitzende das entsprechende –begründete- Schreiben an den Arbeitgeber; insoweit handelt es sich um laufendes Geschäft der Verwaltung des Betriebsrats.
Aber: Selbstverständlich kann der Betriebsrat in der Sitzung auch den Widerspruch, die Bedenken bzw. die Zustimmungsverweigerung konkret formulieren; dies ist zwar nicht erforderlich aber auch nicht „verboten“.
Protokollführung muss man lernen. Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Das BetrVG verlangt u.a. vom Betriebsrat für folgende Beschlüsse die Beachtung der Schriftform (i.d.R = Unterschriftsform) als Wirksamkeitsvoraussetzung:
Weitere Formvorschriften für die Anfertigung des Protokolls bestehen nicht. Sie können jedoch in der Geschäftsordnung (§ 36) normiert oder im Einzelfall beschlossen werden.
Im Übrigen ist es dem Betriebsratsvorsitzenden überlassen,
Die Niederschrift ist vom Betriebsratsvorsitzenden und einem weiteren Betriebsratsmitglied zu unterzeichnen. Bei dem weiteren Betriebsratsmitglied muss es sich nicht um den Protokollführer handeln. Es muss aber an der Sitzung teilgenommen haben. Unterzeichnung bedeutet, dass die Unterschriften den Urkundeninhalt decken, d. h. unter der Urkunde stehen und sie räumlich abschließen müssen. Ausreichend ist der Familienname. Die Unterschrift des Vorsitzenden wird im Falle seiner Verhinderung durch die seines Stellvertreters ersetzt (vgl. § 26 Abs. 3 S. 1).
Tonaufnahmen von Sitzungen des Betriebsrats zu Protokollzwecken sind zulässig, wenn sämtliche Anwesenden zustimmen. Im Übrigen kann der Protokollführer in der Sitzung seine Aufzeichnungen nicht schriftlich, sondern mit dem Diktiergerät machen, um im Anschluss an die Sitzung mit dem Diktat das Protokoll in Reinschrift zu fertigen.
Gesetzliche Mindesterfordernisse für das Protokoll sind
Die Anwesenheitsliste ist notwendiger Bestandteil der Niederschrift und beweist durch die eigenhändige Unterschrift eines jeden Teilnehmers, dass er an der Betriebsratssitzung teilgenommen hat.
Im Protokoll sind nicht alle Wortbeiträge wiederzugeben. Es handelt sich grundsätzlich um ein „Ergebnisprotokoll“. Allerdings besteht die Aufgabe des Schriftführers darin, aus der laufenden Sitzung wichtige Informationen und Meinungen auszuwählen. Ein gutes Protokoll ist die ausgewogene Mitte zwischen einem minimalen (dürftigen) Beschlussprotokoll und einem überladenen, unübersichtlichen Wortprotokoll.
Folgendes Schema könnte man zugrunde legen:
Der Vorsitzende des Betriebsrats ist für die Ordnungsmäßigkeit des Protokolls verantwortlich, weil er die Verhandlung leitet und die Niederschrift zu unterzeichnen hat.
Das Gesetz sagt nichts darüber, ob die Niederschrift unmittelbar in der Sitzung angefertigt werden muss oder ob sie aufgrund von Notizen nach der Sitzung ausgearbeitet werden kann. Beides dürfte zulässig sein.
Aber: es macht sicherlich Sinn, das Protokoll jedenfalls kurz nach der Sitzung anzufertigen. Denn dann ist die Erinnerung an die Sitzung noch „frisch“.
Die Bestellung eines Schriftführers aus dem Kreise der Betriebsratsmitglieder ist zulässig und üblich. Der Protokollführer ist durch den gesamten Betriebsrat, nicht durch den Betriebsratsvorsitzenden zu bestellen.
Die Hinzuziehung einer dem Betriebsrat durch den Arbeitgeber gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG zur Verfügung gestellten Bürokraft als Schreibkraft zur Unterstützung des Schriftführers während der Betriebsratssitzung ist zulässig, auch wenn dadurch der Grundsatz der „Nichtöffentlichkeit der Sitzung“ (§ 30 Satz 4 BetrVG) verletzt wird. Der Betriebsrat hat die Schreibkraft aber auf die Geheimhaltungspflicht (die sich aus der arbeitsvertraglichen Treuepflicht ergibt und eben nicht aus § 79 BetrVG) hinzuweisen.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Sitzung führt im Übrigen allenfalls dann zur Unwirksamkeit der gefassten Beschlüsse, wenn zumindest ein Betriebsratsmitglied vor der Behandlung eines Tagesordnungspunkts die Anwesenheit einer nicht teilnahmeberechtigten Person ausdrücklich beanstandet hat und diese anwesend bleibt (vgl. BAG, Beschluss vom 30.9.2014 -1 ABR 32/13).
Eine Aushändigung von Abschriften der Sitzungsniederschrift an die Betriebsratsmitglieder
oder die übrigen Sitzungsteilnehmer ist nicht vorgeschrieben. Es ist aber üblich, den Teilnehmern das Protokoll in digitaler Form zur Verfügung zu stellen.
Auch Ersatzmitglieder können berechtigt sein, das Protokoll zumindest einzusehen (§ 34 Absatz 3 BetrVG), wenn sie entweder bereits endgültig in den Betriebsrat nachgerückt sind (dann sind sie aber keine Ersatzmitglieder mehr) oder wenn sie das Protokoll für die zu erwartende Betriebsratsarbeit benötigen, etwa weil sie als 1. und 2. Nachrücker wissen müssen, was im Betrieb passiert ist, um für die zu erwartende Vertretungstätigkeit „gewappnet zu sein“.
Die Vorschrift des § 34 Abs. 3 BetrVG soll sicherstellen, dass sich jedes Betriebsratsmitglied jederzeit über die Vorgänge im Betriebsrat informieren kann. Das Einsichtsrecht bezieht sich ausschließlich auf die Unterlagen des Betriebsrats. Dazu gehören auch die Unterlagen der vom Betriebsrat gebildeten Ausschüsse. Unterlagen des Betriebsrats sind nicht nur die in Papierform verkörperten Aufzeichnungen, sondern sämtliche auf Datenträgern gespeicherten Dateien sowie die Korrespondenz des Betriebsrats unter dessen E-Mailanschrift. Dieses jederzeitige Einsichtsrecht kann innerhalb des Betriebsrats nicht durch Maßnahmen nach § 9 S. 1 BDSG in Verbindung mit der dazu geltenden Anlage beschränkt werden. Als Teil der verantwortlichen Stelle nach § 3 Abs. 7 BDSG hat der Betriebsrat aber über Maßnahmen zu beschließen, um einem Missbrauch von Daten in seinem Verantwortungsbereich zu begegnen.
Das Einsichtsrecht besteht „jederzeit“. Es bedarf keiner Begründung oder des Vorliegens eines besonderen Interesses.
Die Aufbewahrungspflicht besteht solange, wie ihr Inhalt von rechtlicher Bedeutung ist (z. B. zum Nachweis fortwirkender Beschlüsse des Betriebsrats) und zwar nicht nur für die jeweilige Amtszeit des Betriebsrats. Protokolle, in denen Beschlüsse etwa zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen dokumentiert sind, sollten grundsätzlich dauerhaft aufbewahrt werden. Gerade Protokolle, die Beratungen, Verhandlungen und Beschlussfassungen zu betrieblichen Versorgungsordnungen enthalten, sollten auch über viele Jahre aufbewahrt werden. Erst Jahre später bei Eintritt eines Versorgungsfalles können Auslegungsprobleme zum Inhalt der Versorgungsordnung auftreten, die dann mit solchen zeitnah gefertigten Protokollen mitunter gelöst werden können.