Seit Jahrzehnten wurde darüber diskutiert, ob Burn-out eine ernstzunehmende Erkrankung oder eine Modediagnose ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat dieser Diskussion ein Ende gesetzt und Burn-out als genau definiertes Syndrom im internationalen Klassifikationssystem der Krankheiten, ICD-11, anerkannt. Dieses trat mit einigen Veränderungen als Nachfolger des ICD-10 am 1. Januar 2022 in Kraft.
Ein Syndrom ist von einer Krankheit insofern abzugrenzen, als es sich um ein oder mehrere Symptom/e ohne klar definierte Ursache handelt. Durch die Aufnahme als Syndrom in das Klassifikationssystem wird Burn-out als Faktor, der die Gesundheit beeinträchtigen kann, legitimiert.
Die WHO führt das Burn-out-Syndrom nicht unter den Psychischen Störungen in Kapitel 6 auf, sondern im Kapitel „Sonstige Faktoren, welche die Gesundheit beeinflussen“ unter dem Abschnitt „Probleme in Verbindung mit Arbeit oder Arbeitslosigkeit“. Demnach kann Burn-out lediglich im beruflichen Zusammenhang verwendet werden. Es findet ausdrückliche Erwähnung, dass bei der Diagnose das Syndrom nicht verwendet werden kann, um Erfahrungen in anderen Lebensbereichen zu erfassen. Bisher war Burn-out im ICD-10 ohne genaue Definition lediglich als „Problem mit Bezug auf Schwierigkeiten in der Lebensbewältigung“ ohne Relation zu beruflichem Stress bezeichnet worden.
Im ICD-11 wird nun beschrieben, dass das Syndrom drei Dimensionen aufweist. Zu ihnen zählen das Gefühl von Erschöpfung, eine zunehmende geistige Distanz oder negative Haltung zum eigenen Job sowie verringertes berufliches Leistungsvermögen. Das Gefühl von Erschöpfung bildet die Stress-Dimension des Syndroms und resultiert aus einer übermäßigen emotionalen oder physischen Anstrengung im Beruf, die sich unter anderem durch Antriebsschwäche bemerkbar macht. Die zunehmende geistige Distanz oder negative Haltung zum eigenen Job wird auch als Depersonalisierung bezeichnet und kann sich beispielsweise durch Gleichgültigkeit bei der Arbeit äußern. Das verringerte berufliche Leistungsvermögen geht mit einem Erleben von Misserfolg einher, das meist durch eine Diskrepanz zwischen Anforderungen und Leistungen zustande kommt.
Besonders in Deutschland hat sich der Arbeitsalltag für viele drastisch verändert. Gestiegene Arbeitsanforderungen, engere Zeitvorgaben, höheres Arbeitstempo und Qualitätsansprüche sowie Konkurrenz unter den Mitarbeitern können zu enormem Stress am Arbeitsplatz führen. Rechtzeitig vorzubeugen, damit es gar nicht erst zu einer Burn-out-Diagnose kommt, ist daher von hoher Wichtigkeit. Dafür können sich Betriebsräte gemeinsam mit dem Arbeitgeber - beispielsweise mit betrieblichem Gesundheitsschutz, der Analyse der Arbeitszufriedenheit und Betriebsklimaerhebungen - aktiv einbringen und gesundheitsfördernde Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitsorganisation auf den Weg bringen.
Das Seminar „Burn-out im Berufsalltag“ des Poko-Instituts vermittelt sowohl grundlegendes Wissen über psychische Belastungsfaktoren, Ursachen und Wirkungsweisen des Burn-out-Syndroms als auch über mögliche Initiativen des Betriebsrats zur Veränderung der betrieblichen Belastungsfaktoren und Konzepte und Instrumente zur Unterstützung betroffener Kollegen.