Mutterschutz in Zeiten von Corona

 

700x300- Schwangere Frau mit Bauch auf Hand

Eine der besonders schutzbedürftigen Gruppen in der schwierigen Zeit von Corona sind schwangere oder stillende Arbeitnehmerinnen. Für diese, aber auch für Sie als Betriebsratsmitglieder, stellt sich gerade jetzt im Zusammenhang mit dem Mutterschutzrecht eine Vielzahl von speziellen Fragen, insbesondere:

  • Welche Auswirkung hat Kurzarbeit auf die gesetzlichen Ansprüche der Schwangeren, auf Mutterschutzlohn und Mutterschaftsleistungen in den Schutzfristen?
  • Können zusätzlich Ansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz bestehen?
  • Bietet die aktuelle Krise vielleicht auch Chancen in Sachen „Mutterschutz“?

Mit dem vorliegenden Beitrag soll eine kleine Übersicht hierzu vermittelt werden:

Leistungen an (werdende) Mütter während Kurzarbeit

Mutterschaftsleistungen sollen generell das Einkommen der Mütter sichern, wenn sie bereits während ihrer Schwangerschaft oder nach der Geburt ihres Kindes nicht arbeiten dürfen.

Man unterscheidet zwischen dem

Mutterschaftsgeld wird für die Mutterschutzfristen (in der Regel 6 Wochen vor der Geburt bis normalerweise 8 Wochen bzw. 12 Wochen nach der Geburt) und für den Entbindungstag geleistet (§ 19 MuSchG).

Was bedeutet es für diese Leistungen, wenn im Unternehmen Kurzarbeit eingeführt ist bzw. wird?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend sowie das Bundesministerium für Gesundheit haben im Juni 2020 ein sog. Orientierungspapier zum Thema „Mutterschaftsleistungen bei Kurzarbeit“ erlassen.

Demnach haben Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss sowie Mutterschutzlohn, Vorrang vor dem Kurzarbeitergeld. Arbeitnehmerinnen unter dem Schutz des Mutterschaftsgesetzes (MuSchG)  können auch nach ordnungsgemäß eingeführter Kurzarbeit Mutterschutzlohn bzw. das Mutterschaftsgeld sowie einen Arbeitgeberzuschuss beziehen – mithin Leistungen in Höhe ihres bisherigen Lohns!

Allerdings besteht noch ein kleines Fragezeichen, ob diese Position der Überprüfung durch die Arbeitsgerichte standhält. Das Bundesarbeitsgericht hat in älterer Rechtsprechung beim Anspruch auf Mutterschutzlohn bisher auf das Prinzip der Monokausalität abgestellt. Ein Anspruch entstehe also nur dann, „wenn der Arbeitsausfall also nur ‚wegen‘ eines Beschäftigungsverbots eingetreten ist“. Das Beschäftigungsverbot müsse selbst und somit die einzige (mono-)Ursache für den Ausfall der Arbeit und des Arbeitsentgelts sein. Allerdings geht die Bundesregierung zurzeit davon aus, dass die vorgenannte Wertung auf den Fall der Kurzarbeit gar nicht übertragbar ist. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber hier schnell für Rechtsklarheit zugunsten der Schwangeren sorgt.

Auswirkung bereits eingeführter Kurzarbeit auf die Höhe späterer Mutterschaftsleistungen

Die Höhe des Mutterschutzlohns bemisst sich grundsätzlich nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft (§ 18 MuSchG). Die Höhe des Mutterschaftsgeldes und der Arbeitgeberzuschuss bemessen sich nach dem durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist (§ 20 MuSchG).

Schwangere und stillende Beschäftigte sollen grundsätzlich keine Einkommenseinbußen durch Beschäftigungsverbote oder Schutzfristen erleiden. Demnach wirken sich nach der heute herrschenden Meinung auch Lohnkürzungen, die die Betroffenen in dem einschlägigen Zeitraum infolge von Kurzarbeit erfahren haben, nicht mindernd auf zukünftige Mutterschaftsleistung aus. Maßgeblich ist weiterhin der ungekürzte Durchschnittslohn des entsprechenden Zeitraums.

Mutterschutzlohn und Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz

Bevor eine schwangere Arbeitnehmerin in das betriebliche Beschäftigungsverbot kommt, verlangt das MuSchG, dass die Arbeitsbedingungen entsprechend umgestaltet und alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu ihrem Schutze getroffen werden. Insbesondere in Bezug auf SARS-CoV-2 wäre es allerdings vorstellbar, dass je nach Betrieb und Art der geschuldeten Tätigkeit keine geeigneten Schutzmaßnahmen in Betracht kommen, so dass zugunsten der Betroffenen ein betriebliches Beschäftigungsverbot im Sinne von § 13 I Nr. 3 MuSchG greift.

Auch wenn das betriebliche Beschäftigungsverbot seine Ursache in der Corona-Pandemie findet, erhält die betroffene Arbeitnehmerin einen Mutterschutzlohn nach dem Mutterschutzgesetz  und grundsätzlich keine Entschädigung im Sinne des § 56 IfSG.

Die Corona-Pandemie als Chance für den Mutterschutz?

Allerdings bietet die Corona-Pandemie vielleicht auch Chancen für positive Veränderungen am Arbeitsplatz für werdende Mütter. Neben den vielen Einschränkungen im beruflichen und privaten Bereich sorgt die neue Situation dafür, dass eine gewisse Kreativität im Arbeitsleben Einzug hält – etwa mit der Einführung neuer Homeoffice-Modelle, mobilem Arbeiten sowie ganz unterschiedlicher flexibler Teilzeitmodelle. Haben sich diese erst einmal bewährt, ist es durchaus denkbar, dass sie zukünftig auch zum Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen vermehrt zum Einsatz kommen. Der recht neu eingeführte § 10 Abs.1 S.1 MuSchG verpflichtet ab dem 01.01.2018 die Arbeitgeber, mit Kenntnisnahme von einer Schwangerschaft umgehend alle in Betracht kommenden Gefährdungen für die schwangere Arbeitnehmerin zu ermitteln und nach ihrer Art, Ausmaß und Dauer zu beurteilen, um sodann in einem nächsten Schritt – sofern erforderlich und zumutbar – eine entsprechende Umgestaltung des Arbeitsplatzes vorzunehmen bzw. weitere geeignete Schutzmaßnahmen einzuleiten. Der Betriebsrat sollte hierbei zukünftig daher auch an „kreative Lösungen“ denken.

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