Schulungsanspruch

Die Aufgaben des Betriebsrats sind sehr vielfältig. Ohne genaue Kenntnisse des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) und der wichtigen arbeitsrechtlichen Vorschriften ist eine wirksame Interessenvertretung nahezu unmöglich. Hinzu kommt, dass auch Kommunikations- und Gesundheitsthemen immer mehr an Bedeutung gewinnen, um mit Vorgesetzten und Personalverantwortlichen auf „Augenhöhe“ verhandeln zu können.

Rechtsgrundlagen

Der Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ergibt sich aus § 37 Abs. 6 BetrVG, sofern es sich um eine Veranstaltung handelt, die Kenntnisse vermittelt, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Die Pflicht des Arbeitgebers, Kursgebühren und Übernachtungskosten zu tragen, folgt dann aus § 40 BetrVG. Aber wann ist eine Schulungsveranstaltung erforderlich?

Erforderliche Schulung

Das BAG bejaht die Erforderlichkeit einer Schulung dann, wenn diese Kenntnisse vermitteln, die unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb und im Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seinen gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann (Fitting, 27. Auflage, § 37 Rn 141). Die Vermittlung allgemeiner Grundkenntnisse des Betriebsverfassungs- und des Arbeitsrechts (Poko-Seminare Einführung Betriebsverfassungsrecht I-III bzw. Betriebsverfassungsrecht – Kompakt I-II und Einführung in das Arbeitsrecht I-III bzw. Arbeitsrecht - Kompakt I-II) gehört auf jeden Fall zu den nach § 37 Abs. 6 BetrVG zulässigen Schulungsinhalten. Ein Nachweis des von der Rechtsprechung geforderten, konkreten betriebsbezogenen Anlasses erübrigt sich hier. So sind diese Kenntnisse des -  keineswegs einfachen - kollektiven Arbeitsrechts als gesetzliche Grundlage der Tätigkeit des Betriebsrats unabdingbare Voraussetzung für die ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit.

Soweit es sich bei der ausgewählten Schulung jedoch um eine Vertiefung von speziellem Wissen oder der Vertiefung des Grundlagenwissens handelt, ist bei der Prüfung der Erforderlichkeit auf die konkrete betriebliche Situation abzustellen.  So muss der Betriebsrat in seinem gefassten Beschluss darlegen, warum diese Spezialschulung für das jeweilige Betriebsratsmitglied erforderlich ist, um seiner Betriebsratsarbeit ordnungsgemäß nachgehen zu können. Wurden im Gremium beispielsweise ein Ausschuss für personelle Angelegenheiten gebildet, haben nur die Mitglieder dieses Ausschusses einen Anspruch auf den Besuch der jeweiligen Spezialschulung.

Aber Achtung! Eine Betriebsratsschulung kann auch dann erforderlich sein, wenn Teile des vermittelten Seminarinhalts schon bekannt sind! Wenn nicht das gesamte im BR-Seminar vermittelte Wissen benötigt wird, kommt es in diesem Fall darauf an, ob die Schulungszeit der neuen Themen mit mehr als 50 % überwiegt. Wenn das der Fall ist, ist auch dieses Seminar als erforderlich anzusehen (vgl. BAG vom 28.05.1976 – AP Nr. 24) .

Kurz gesagt: Sofern es sich nicht um eine entsprechende Grundlagenschulung handelt, ist die Erforderlichkeit des Seminars immer dann zu bejahen, wenn die konkrete Situation im Betrieb es erforderlich macht, dass der Betriebsrat über das im Seminar vermittelte Wissen verfügt.  

Beispiel: Möchten Sie ein Mobbing-Seminar besuchen, obwohl in Ihrer Firma gar keine Mobbing-Problematik bekannt ist, wird es schwierig, da bei diesem Spezialthema der betriebliche Bezug fehlt. Arbeiten Sie hingegen gerade an einer Betriebsvereinbarung zum Mobbing wäre der Besuch einer entsprechenden Schulung erforderlich.

Es müssen also immer Kenntnisse (Wissenstand) vermittelt werden, die für die Arbeit des Betriebsrats notwendig (betriebliche Situation) sind.

Tipp: Wenn Sie sich unsicher sind, können Sie sich auch telefonisch gerne an unsere kostenlose Poko-Seminarberatung unter 0251 1350-1350 wenden!

Wer entscheidet über die Teilnahme?

Der Betriebsrat entscheidet nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen, ob und für welche Mitglieder eine Schulungsteilnahme notwendig ist. Solange er dabei die eben beschriebenen Maßstäbe einhält, wird der Arbeitgeber wenig gegen die Schulungsteilnahme einwenden können. Er muss dann die anfallenden Kosten übernehmen.

Was muss der Betriebsrat tun?

Zunächst einmal muss der Betriebsrat einen ordnungsgemäßen Beschluss über den Besuch  einer Schulungsveranstaltung zu einem bestimmten Thema fassen. Der Betriebsrat hat dann den Arbeitgeber über Titel, Lage der Schulung und das daran teilnehmende Betriebsratsmitglied zu informieren. Für den Arbeitgeber sind diese Informationen wichtig, damit dieser einen anderen Mitarbeiter ansprechen kann, welcher den jeweiligen Arbeitnehmer während seiner Abwesenheit vertreten kann. Eine Genehmigung seitens des Arbeitgebers ist insofern nicht erforderlich.

Was ist, wenn der Arbeitgeber die Kostenübernahme verweigert?

In diesem Fall kann der Betriebsrat, ggf. mit anwaltlicher Hilfe, die Freistellung und Kostenübernahme vor Gericht im Rahmen eines Beschlussverfahrens erstreiten.

Tipp: Weitere Informationen zum Schulungsanspruch finden Sie auch hier oder telefonisch unter 0251/1350-1350)